2024 ändert sich der Bezugszeitraum für Freizügigkeitsgelder in der Schweiz. Erfahren Sie, wie sich dies auf Personen kurz vor dem Ruhestand auswirkt.

Konkrete Änderungen beim Bezug von Freizügigkeitsgeldern

Die Schweiz steht vor einem bedeutenden Wandel in der Altersvorsorge. Unter anderem betrifft die geplante Änderung, die am 1. Januar 2024 im Rahmen der AHV-Reform in Kraft tritt, den Bezug von Freizügigkeitsgeldern. Bisher war es möglich, den Bezug dieser Gelder bis ins Alter von 70 bzw. 69 Jahren aufzuschieben. Neu muss der Bezug spätestens beim Erreichen des Referenzalters von 65 Jahren erfolgen – es sei denn, man arbeitet weiter und bezieht ein AHV-pflichtiges Einkommen. Diese Regelung bringt die drei Säulen der Altersvorsorge näher zusammen. 

Die Gesetzesänderung hat zwei Hauptziele: Erstens soll es attraktiver werden, über das Rentenalter hinaus beruflich tätig zu sein. Zweitens sollen nur Personen, die tatsächlich weiterarbeiten, von den steuerlichen Vorteilen der beruflichen Vorsorge profitieren können. Daher müssen auf Vorsorgegelder keine Steuern gezahlt werden, und Einnahmen daraus werden nicht in das steuerpflichtige Einkommen einbezogen. Die bisherige Möglichkeit der gestaffelten Auszahlung zur Steuerersparnis wird durch den verkürzten Bezugszeitraum eingeschränkt.

Welche Freizügigkeitsgefässe sind von der Änderung besonders betroffen?

Die Änderung hat vor allem Auswirkungen auf Personen, die wenige Jahre vor der Pensionierung stehen und vielleicht schon mit der Planung ihrer Pensionierung begonnen haben. Für viele war der späte Bezug der Freizügigkeitsgelder eine Möglichkeit, ihre finanzielle Situation im Ruhestand zu verbessern. Die neuen Regelungen erfordern nun eine Neuausrichtung der Pensionsplanung und könnten auch steuerliche Konsequenzen haben.

Einschränkungen bei den Vorsorgebezügen: steuerlicher Aspekt bei Vorsorgegeldern

Eine wesentliche Änderung betrifft den steuerlichen Aspekt der Vorsorgegelder aus der 2. und der 3. Säule. Je nachdem, wie stark die Steuerprogression und die Höhe des Steuersatzes in einem Kanton ausfallen, zahlt man pro Jahr einen höheren Steuersatz, wenn die gesamten Freizügigkeits- und 3a-Guthaben auf einmal bezogen werden. Durch gestaffelte Bezüge über mehrere Jahre konnte man bislang Steuern sparen. Mit der Gesetzesänderung ist eine gestaffelte Auszahlung nun voraussichtlich ab dem 1. Januar 2024 eingeschränkt. Darum sollte man überprüfen, wann sich die zukünftigen Bezüge aus der 2. und der 3. Säule lohnen.  

Fallbeispiel: Vergleich vor und nach der Gesetzesänderung und Auswirkungen auf die Pensionsplanung

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Reto und Claudia Müller sind verheiratet und planen, ihre Vorsorgegelder ab dem 60. Lebensjahr gestaffelt zu beziehen. Vor der Gesetzesänderung haben sie den gestaffelten Bezug ihrer Säule-3a-Gelder zwischen 60 und 64 Jahren geplant.  

Mit 65 Jahren planen sie einen Teilkapital von 500 000 CHF aus der Pensionskasse von Reto Müller zu beziehen. Ab 66 Jahren möchten sie gestaffelt 250 000 CHF aus zwei Freizügigkeitskonten entnehmen. Mit der neuen Gesetzgebung und unter der Voraussetzung, dass sie nach Erreichen des Referenzalters nicht mehr erwerbstätig sind, müssen sie sämtliche Freizügigkeitsgelder bis zum 65. Lebensjahr beziehen. Mit ihrer aktuellen Planung fällt somit ohne die gestaffelte Auszahlung der Freizügigkeitsgelder die Kapitalleistungssteuer ca. 22% höher aus.     

Bezug der Freizügigkeitsgelder mit der bisherigen gesetzlichen Regelung:

Die Tabelle zeigt ein Fallbeispiel Bezug der Freizügigkeitsgelder mit der bisherigen gesetzlichen Regelung:
Die Tabelle zeigt ein Fallbeispiel Bezug der Freizügigkeitsgelder mit der bisherigen gesetzlichen Regelung:

* Kann von Gemeinde zu Gemeinde variieren.

Bezug der Freizügigkeitsgelder mit zukünftiger Regelung ab 01.01.2024:

Die Tabelle zeigt ein Fallbeispiel Bezug der Freizügigkeitsgelder mit zukünftiger Regelung ab 01.01.2024
Die Tabelle zeigt ein Fallbeispiel Bezug der Freizügigkeitsgelder mit zukünftiger Regelung ab 01.01.2024

* Kann von Gemeinde zu Gemeinde variieren.

Fazit: 

Die bevorstehende Änderung im Freizügigkeitsbezug bedingt, dass man sich noch einmal gründlich mit den persönlichen Pensionsplänen auseinandersetzt. Gerade Personen wie Reto und Claudia Müller sollten sich klarmachen, welche Konsequenzen die neuen Regelungen für ihre finanzielle Situation haben. Wir empfehlen, sich umfassend zu informieren und bei Bedarf das Gespräch mit einer Vorsorge- und Finanzexpertin bzw. einem Vorsorge- und Finanzexperten zu suchen, um selbstbestimmt die richtigen Entscheidungen für eine finanziell unabhängige Zukunft zu treffen.

Detailliertere Informationen hierzu finden Sie in unserem Merkblatt «Pensionierung planen», das Sie hier bestellen können.

Zusammenhang mit der AHV-Reform, die per 1. Januar 2024 in Kraft tritt:

Die bevorstehende Änderung beim Bezug von Freizügigkeitsgeldern ist eng mit der umfassenden AHV-Reform verbunden. Diese soll das Rentensystem zukunftsfähig machen. Die Änderungen im Freizügigkeitsbereich sind ein erster Schritt in diese Richtung, um die persönliche Vorsorge flexibler und anpassungsfähiger zu gestalten.

Michael Würgler ist Senior Berater bei Swiss Life Wealth Managers mit Krawatte und Anzug
Michael Würgler

Senior Berater

Michael Würgler ist Senior Berater bei Swiss Life Wealth Managers und berät Kundinnen und Kunden in den Bereichen Pensionierungsplanung und Vermögensverwaltung. Der Betriebsökonom ist seit über 10 Jahren in der Finanz- und Vermögensplanung tätig. Zuvor war er als Berater und Finanzplaner bei namhaften Schweizer Finanzdienstleistern tätig.

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