Ivy Klein, Leiterin Geschäftsentwicklung Unternehmenskunden bei Swiss Life und Spezialistin im Bereich berufliche Vorsorge, erklärt die AHV-Reform und ihre Auswirkungen auf die drei Vorsorgesäulen. Ausserdem verrät sie, welchen Rat sie ihren Töchtern für eine finanziell selbstbestimmte Zukunft mitgibt.

Frau Klein, wie ordnen Sie die Annahme der AHV-Reform «AHV 21» durch das Schweizer Stimmvolk ein – sowohl als Vorsorgeexpertin als auch als Bürgerin?

Als Bürgerin bin ich erleichtert, dass dieser erste Schritt gelungen ist, nachdem lange ein Reformstau in der Altersvorsorge geherrscht hatte. Diese Reform ist nicht nur zentral für die Sicherung und die Weiterentwicklung unserer Altersvorsorge; sie setzt auch Energien für weitere notwendige Erneuerungen in der AHV und im BVG frei.
In meinem professionellen Kontext bedeutet die AHV-Reform auch für die berufliche Vorsorge diverse Veränderungen. Diese gilt es jetzt sorgfältig vorzubereiten und zügig umzusetzen.

Wie genau verändert eine Reform der AHV auch das BVG?

Damit unsere Altersvorsorge funktioniert, müssen grundlegende Regeln der ersten und der zweiten Säule aufeinander abgestimmt sein – gerade, was den Zeitpunkt der Pensionierung oder einen flexiblen Altersrücktritt angeht. Die Reform harmonisiert nun drei Bereiche: das Referenzalter, die Flexibilität in der Pensionierung und die Möglichkeit, nur einen Teil der Rente zu beziehen.

Was heisst das konkret?

Mit der «AHV 21» wird für Männer und Frauen sowohl in der AHV als auch im BVG das gleiche Referenzalter von 65 Jahren eingeführ t. Das hat zum Beispiel – je nach Reglement der Vorsorgeeinrichtung – Auswirkungen auf die Höhe des Umwandlungssatzes von Frauen. Ausserdem wird der Altersrücktritt flexibler. Viele Vorsorgeeinrichtungen bieten bereits heute Möglichkeiten dafür, aber diese waren sehr uneinheitlich. Die Reformsichert zukünftig für alle ein Minimum an Flexibilität. Zudem haben jetzt alle
Versicherten Anspruch auf einen Teilbezug ihrer Rente. Das heisst konkret, dass nach der Reform jede Vorsorgeeinrichtung die Option eines gleitenden Übertritts von der Erwerbstätigkeit in den Ruhestand anbieten muss – und zwar in mindestens drei Schritten (bzw. höchstens drei – wie bisher, wenn man sich für
den Kapitalbezug oder eine Mischform aus Rente und Kapital entscheidet).

Wie Sie erwähnen, wird das ordentliche Pensionsalter von Frauen auf 65 Jahre angehoben. Viele kritisieren das und stellen Frauen als Verliererinnen dieser Reform dar. Sehen Sie hier auch Chancen?

Diese Anhebung bedeutet für viele Frauen unter anderem eine Verbesserung ihrer Rente um 4 bis 5 Prozent, weil sie nun ein höheres Altersguthaben ansparen. Und für mehr als ein Drittel der betroffenen Frauen liegt das Rentenalter in der beruflichen Vorsorge schon heute bei 65.

Vorteile und Chancen sehe ich vor allem in der höheren Flexibilität für alle – zum Beispiel, wann und wie man sich aus dem Berufsleben zurückzieht. Das entspricht sowohl der Entwicklung unserer Gesellschaft als auch dem Bedürfnis der Menschen nach einem selbstbestimmten Leben.

Wissenswert

Der Pensionsrechner von Swiss Life Wealth Managers gibt einen ersten Eindruck von der finanziellen Situation im Ruhestand und zeigt eine allfällige Vorsorgelücke auf.

Für einen unveränderten Lebensstandard benötigt man im Ruhestand ca. 80 Prozent des bisherigen Einkommens; die meisten Menschen können jedoch aus der ersten und der zweiten Säule nur mit
ca. 60 Prozent rechnen – Gutverdienende sogar mit noch weniger. Wie kann man dieser Vorsorgelücke vorbeugen?

Auch wenn der jeweilige Bedarf sehr individuell ist: Er wird tatsächlich von den meisten unterschätzt. Gerade bezüglich der zweiten Säule ist vielen nicht bewusst, wie viel sie hier sowohl beim Ansparen als auch beim Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand mitgestalten können und wie wichtig es darum ist, die Pensionierung frühzeitig zu planen. Ein elementarer Teil unserer Altersvorsorge ist ausserdem die dritte Säule, also die private Vorsorge. Hier besteht grosser Spielraum, die persönliche finanzielle Zukunft eigenverantwortlich und eigeninitiativ mitzugestalten.

Die Lebensqualität spielt in unserer heutigen Gesellschaft eine wichtige Rolle. Viele Menschen träumen von einer Früh- oder zumindest einer Teilpensionierung. Inwieweit hat die AHV-Reform
darauf Auswirkungen? Was muss man jetzt bei der Planung berücksichtigen?

Wie gesagt: Die Reform bringt mehr Flexibilität. Was das genau für die eigene Situation bedeutet, sollte unbedingt individuell geprüft werden. Es lohnt sich sehr, rechtzeitig mit der Planung der Pensionierung zu beginnen und sich mit den eigenen Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Was ist mir wichtig? Was für ein Leben möchte ich führen? Und wie lassen sich meine Pläne umsetzen? In jedem Fall gilt: Frauen sollten ihre Pensionierungsplanung hinsichtlich der Auswirkungen der Reform noch einmal überprüfen und allfällige Anpassungen vornehmen.

Sie sind Führungskraft bei Swiss Life und dreifache Mutter. Welchen Rat geben Sie Ihren Töchtern für ein selbstbestimmtes Leben voller finanzieller Zuversicht mit?

Gerade wenn es um Themen wie Vorsorge und Finanzen geht, scheint die Welt manchmal viel komplizierter, als sie in Wahrheit ist. Das Wichtigste ist, hartnäckig neugierig zu bleiben und so lange «warum» zu fragen, bis man etwas verstanden hat – genau wie meine Töchter das gerade auf ihrem Weg des Erlebens, Entdeckens und Begreifens tun. Für eine selbstbestimmte Gestaltung der
Zukunft ist vor allem entscheidend, sich aktiv mit ihr auseinanderzusetzen. Dazu gehört auch eine vorausschauende Planung der privaten Vorsorge.

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Ivy Klein

Ivy Klein ist Juristin mit Spezialisierung auf den Gebieten Banken-, Kapitalmarkt- und Versicherungsrecht und leitet seit sechs Jahren die Abteilung Geschäftsentwicklung Unternehmenskunden bei Swiss Life. Dabei ist sie für die Geschäftsführung der Swiss Life-Sammelstiftungen, die Strategiearbeit und die Produktentwicklung des Geschäftsbereichs Unternehmenskunden verantwortlich und betreut das Produktangebot von Swiss Life in der beruflichen Vorsorge. Ivy Klein studierte an der Universität Zürich erst Psychologie und wechselte dann zu Rechtswissenschaften. Nach ihrem Diplom und einem anschliessenden Master of Law arbeitete sie in verschiedenen Kanzleien und begann 2009 ihre Laufbahn bei Swiss Life.

Dies ist ein gekürztes Interview aus der Publikation «Wealth Navigator» von Swiss Life Wealth Managers, das u. a. in der NZZ erschienen ist.

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